Willows macht blau [3]

Stopp oder die Sache mit dem Verkehr (1)

In Griechenland sehen auf den ersten Blick die Straßen ja so ähnlich aus wie in Deutschland, genauer z. B. Dortmund – also der Schlaglöcher wegen. Auch haben hier im Gegensatz zu den 60er-/70er-Jahren die meisten Autos vier Räder. Ja, das war nicht immer so, der Grieche liebte seine dreirädrigen Spezialfahrzeuge, u. a. einen dreirädrigen Mazda oder die Ape Piaggio aus Italien, halb Moped, halb Transporter. Ich weiß nicht, ob die damals mangels des vierten Rades wirklich günstiger waren, dafür kippten sie aber bei falscher Beladung oder, nun ja, bei griechischer Fahrweise auch gelegentlich mal um. Nebenbei gab es noch eine ganze Reihe wunderlicher Fahrzeuge (siehe Parkschild oben), die wahrscheinlich in irgendwelchen Werkstätten aus Landmaschinenteilen zusammengeschweißt wurden. Viele langsamer als ein Esel, aber dafür wahrscheinlich einfacher davon zu überzeugen, nicht spontan die Richtung zu wechseln.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechts: Mazda Dreiradtransporter (Bilder Konst. Skalidis)

 

Mindestens 2 davon fahren noch!

Zur Zeit der Dreiräder wurden die Straßen auch noch von einer anderen Sorte Spezialfahrzeuge bevölkert. In der Ukraine z. B. in der heute umkämpften Millionenstadt Saporoschje wurden Fahrzeuge hergestellt (eine Lada-Variante) deren Kombi-Variante in großen Mengen nach Griechenland verschifft wurde, wo sie einer heftigen Flex-Attacke unterzogen und in PKWs mit Ladefläche verwandelt wurden. Das gleiche Schicksal erlitten auch viele andere PKW-Kombis aus aller Welt, vom Opel Kadett bis zum VW Variant. Die so entstandenen Fahrzeuge konnten dann als landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge günstig versteuert werden und galten nicht als Luxusartikel.

 

Heute fährt immer noch jeder zweite Landbewohner ein Gefährt mit Ladefläche, meist aus Fernost, hier haben die europäischen Hersteller den Schuss offensichtlich viel zu spät gehört. Diese Fahrzeuge sind eigentlich viel zu breit für die engen Dorfstraßen, die nach der Maxime „Ein Esel, zwei Säcke“ gebaut und erst später mit viel Mühe auf eine kleinwagentaugliche Breite erweitert wurden. Der Japaner oder Koreaner auf vier Rädern wurde in der Folge sehr oft in umgekehrter Richtung auf diese Breite gestaucht. Daraus resultiert ein häufig eher rustikales Äußeres der vielen Toyotas und Hyundais oder wie sie alle heißen.

 

Alle Autos besitzen außer den Rädern und Restbeständen von Außenspiegeln bekanntermaßen Richtungsanzeiger, so genannte Blinker. Abgesehen davon, dass diese oft auch ein Opfer enger Straßen werden, ist das Konzept des Einsatzes aber auf keinen Fall das gleiche wie in Deutschland, wo zumindest ein großer Teil der Autofahrer eine Idee hat, dass man mit dem Blinker vor einer Richtungsänderung eben diese den Mitverkehrsteilnehmern anzeigt.

 

Die Erfahrung zeigt, es geht auch anders. Im Land des Weines und der Philosophen sowie der Erfindung der Demokratie verzichtet man einfach lieber auf die Elemente von Reglementierungen, die so etwas mit sich bringen. So bedeutet zum Beispiel links blinken mitnichten, dass das Fahrzeug in absehbarer Zeit links abbiegen wird. Im Gegenteil ist damit zu rechnen, dass es rechts ranfährt oder nach rechts abbiegt. Oder aber einfach mitten auf der Straße stehen bleibt. Achtung: Das Setzen des Warnblinkers bedeutet meist das Gleiche. Für beides gilt: Sollte der Fahrer doch links abzubiegen gedenken, gibt es noch zwei weitere Alternativen: nicht blinken oder ersatzweise rechts.

 

Das bringt uns nun zum Stopp-Schild, oder besser, zum gesamten Beschilderungssystem. Es gibt ihn, also den Verkehrsregelungsversuch mittels Schildern. Aber wie es dem deutschen Autofahrer trotz aller Logik ein inneres Muss zu sein scheint, sich und seiner Umwelt in seinem permanenten Geschwindigkeitsrausch die Chance auf größtmöglichen Schaden zu erhalten, verweigert sich das griechische Verkehrssystem an vielen anderen Stellen der Logik. Hier wird zwar nicht im deutschen Sinne gerast – wie auch, so viele Ersatzstoßdämpfer kann die Autoindustrie gar nicht liefern. Ein Porsche oder ähnlich überflüssige Gefährte dienen hier ausschließlich als Penisverlängerung und nicht auch noch als Killermaschine hirnloser Autofahrer. Aber man muss wissen, dass der Verkehr hier wirklich fließt, im Sinne des Wortes. Anhalten ist eigentlich nicht angesagt, und wie in engen Gassen geübt, gehen auch da, wo eigentlich nur eine Spur vorgesehen ist, mindestens zwei Autos, zwei Motorräder und ein Kinderwagen durch. Damit ähnelt das Überqueren von Fahrbahnen einer Art Russisch Roulette. Aber – es funktioniert meist. Am besten ist allerdings der gerüstet, der ein ausgiebiges Fußgängertraining in Hanoi oder Bangkok absolviert hat!

 

Und jetzt kommt der absolute Cliff-Hänger: Das Stopp-Schild, ein Wanderer zwischen den Welten von Sinn und Unsinn, werde ich erst im nächsten Blog vorstellen.

[Fortsetzung folgt]